Tatsachenbericht zu Vorfällen um Hohenau beim Kriegsende vor 80 Jahren Herr Erster Bürgermeister Josef Gais hat im Juli 2024 von den Vorfällen erfahren und folgt somit auch dem Austrag des Versenders, Herr Pape diesen Bericht auszugsweise zu veröffentlichen: Auszüge aus dem Bericht, mit den Erlebnissen eines Gymnasiasten zum Kriegsende Hintergrund Der Bericht basiert auf den Erlebnissen von Hans Bolte (adoptierter Pape), der 2022 verstorben ist. Hans Bolte gehörte zu einer Klasse von Gymnasiasten aus Koblenz, die im Januar 1945 im Rahmen der Kinderlandverschickung nach Haidmühle im Bayerischen Wald evakuiert wurden. Kinderlandverschickung Nach den schweren Fliegerangriffen auf Koblenz ab Herbst 1944, die sich zur Jahreswende 1944/45 noch steigerten und hohe Verluste in der Bevölkerung forderten, wurden Schüler der Koblenzer Gymnasien Anfang 1945 auf freiwilliger Basis in den Bayerischen Wald evakuiert. Der Autor erfuhr erst nachträglich von diesem Sammeltransport und machte sich Ende Januar 1945 auf den Weg, um seinen Schulkameraden zu folgen. Reise in den Bayerischen Wald Die Reise dauerte drei Tage und Nächte und war eine spannende Odyssee mit Bummelzügen, Alarmunterbrechungen und Bahnhofsaufenthalten. Die letzte Etappe führte von Passau in den Bayerischen Wald. Bei der Ankunft in Haidmühle war der Autor so stark vom Funkenflug und Braunkohlenqualm der Lokomotive geschwärzt, dass ihn seine Schulkameraden zunächst nicht erkannten. Leben im Schullandheim Das Schullandheim war in einem requirierten (für militärische Zwecke beschlagnahmt) Dorfgasthof untergebracht, in dem etwa ein halbes Dutzend Studienräte mit ihren Familien und einige Dutzend Schüler Platz fanden. Das Leben verlief anfangs noch normal und für die Schüler sogar attraktiv. Der Unterricht fand in Kleingruppen statt, und die Schüler konnten das Unterrichtspensum mitbestimmen. Die Mittagspausen wurden für Schneeballschlachten und Langlauf genutzt, und es gab gemeinsame Theateraufführungen mit einheimischen Schülern. Zunehmende Kriegsängste Im Laufe der Zeit wurden die täglichen Wehrmachtsberichte intensiver verfolgt. Die Fronten im Osten und Westen rückten näher, und die Bombenangriffe auf deutsche Städte ließen nicht nach. Die Schüler fühlten sich auch im hintersten Winkel des Bayerischen Waldes nicht mehr sicher und fragten sich täglich, ob zuerst die Russen oder 44 die Amerikaner kommen würden. Trotzdem versuchten sie, ihre Ängste durch jugendhafte Aktivitäten zu verdrängen. Reifeprozess und Kriegsbegeisterung Der Krieg beschleunigte den Reifeprozess der Jugendlichen zwangsweise. Viele meldeten sich freiwillig zu bestimmten Truppenteilen, weniger aus Kriegsbegeisterung, sondern eher, um nicht zwangsweise zu einer unbeliebten Einheit eingezogen zu werden. Der Autor selbst erlebte, wie ein Jahrgangsälterer mit 16 Jahren zur Waffen-SS eingezogen wurde, obwohl er sich bereits freiwillig zur Luftwaffe gemeldet hatte. Einberufung zum Volkssturm Kurz vor Kriegsende wurden die Schüler noch zum Volkssturm einberufen. Der Schulleiter wehrte sich nicht dagegen, obwohl laut Befehl die Volkssturm-Pflicht erst mit dem vollendeten 16. Lebensjahr begann. Die Schüler hatten keine Möglichkeit, sich zu widersetzen, da ihre Eltern weit weg waren und nichts von diesem letzten Aufgebot wussten. Das Rosenberger Gut in der Gemeinde Neureichenau, wo auch viele junge Männer aus der Gemeinde Hohenau zum Volkssturm einberufenen wurden. (Foto September 2020)
45 Publizr Home