LEUCHTKRAFT dafür, dass die Idee des Schenkens, das persönliche Zeichen der Zuneigung, in den Hintergrund tritt. Echt. Nah. Menschlich. Und doch ist Weihnachten ein besonderes Fest, weil es uns immer wieder daran erinnert, was wirklich zählt. Füreinander Zeit zu haben, ein gutes Wort zu sprechen, das Fest mit einem ehrlichen Blick zu betrachten. Gesten, die von Herzen kommen, gerade darin liegen die schönsten Geschenke. Denn von Weihnachten geht eine zentrale Botschaft aus. Durch die Geburt Jesu ist Gott Mensch geworden. Es zeigt sich, dass Gott uns nahe sein möchte, als einer von uns. Diese Botschaft von Liebe, Hoffnung und Frieden ist das Herz des Weihnachtsfestes und ein guter Moment zum Innehalten und zu fragen, wo man steht, woher man kommt und wohin man will. In Brasilien sagt man: „Jedes Mal, wenn zwei Menschen einander verzeihen, ist Weihnachten. Jedes Mal, wenn ihr Verständnis zeigt für eure Kinder, ist Weihnachten. Jedes Mal, wenn ihr einem Menschen helft, ist Weihnachten. Jedes Mal, wenn ein Kind geboren wird, ist Weihnachten. Jedes Mal, wenn du versuchst, deinem Leben einen neuen Sinn zu geben, ist Weihnachten. Jedes Mal, wenn ihr einander anseht mit den Augen des Herzens, mit einem Lächeln auf den Lippen, ist Weihnachten.“ In unserer Kirche finden wir in dieser bewegten Zeit einen Ort, der Geborgenheit schenkt, wenn vieles unsicher ist. Einen Ort, an dem man Mut spüren kann, wenn die Welt mutlos scheint und Hoffnung findet, wenn sie fern erscheint. Einen Platz, um Ruhe zu finden, wenn alles unruhig ist und standhaft zu werden, wenn Ratlosigkeit überwiegt. Hier darf man die Angst loslassen, weil man nicht allein ist. Da ist das weihnachtliche Licht, das in deiner Kirche leuchtet. Mach dich mit einem Lächeln auf den Weg. Joachim Prinz Adventstradition mit Tiefgang Für viele Menschen, und ich zähle mich dazu, gehört das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach zu den festen Adventstraditionen. Es ist ein Musikerlebnis, das vielfach als allgemeines Kulturgut angesehen wird und meistens in Kirchen, aber auch in Konzerthäuser stattfindet. Oft werden die Teile I–III aufgeführt, nur selten alle sechs Teile des Gesamtwerkes. Manchmal werden Einzelpassagen in Gottesdiensten aufgeführt, so wie am 26.12.2025 in St. Marien in Osnabrück, wenn eine Auswahl von Chören und Chorälen des Weihnachtsoratoriums erklingen wird. Damit kommt man der Aufführungspraxis zu Bachs Zeiten recht nahe. Denn es handelt sich bei dem Weihnachtsoratorium eigentlich um einen Kantatenzyklus, der für den Gottesdienst geschaffen wurde. Es ist auch keine Adventsmusik. Bach schrieb die Kantaten für die Gottesdienste am Ersten, Zweiten und Dritten Weihnachtstag, den Tag der Beschneidung und Namensgebung Jesu (Neujahr), den Sonntag nach Neujahr und Epiphanias (6. Januar) zum Jahreswechsel 1734/35 und orientierte sich inhaltlich an den jeweiligen Tagesevangelien. Übrigens wissen wir nichts über die Reaktion des Publikums damals. Auch schweigen die Quellen über weitere Aufführungen in Folgejahren. Offenbar verschwand das Werk für gut 100 Jahre in der Schublade, und erst 1857 brachte die SingAkademie zu Berlin es auf die Bühne, nicht in einer Kirche, sondern im Konzerthaus. Ab den 1950erJahren dann wurde das Weihnachtsoratorium konzertant, also losgelöst vom Gottesdienst, immer SÜDWIND 106 | Nov. 25–Feb. 2026 5
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