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  Gerade in Bezug auf den 2+4-Vertrag wären solche mündlichen, diplomatisch protokollierten Zusagen als Teil des Kontextes, der zum Vertrag führte, nach Art. 32 VCLT ausdrücklich auslegungsrelevant – nicht als vertraglicher Bestandteil, aber zur Bestimmung des gemeinsamen Verständnisses der Parteien. 3. Völkerrechtlich bindende einseitige Erklärungen (Unilateral Acts) Die Stellungnahme berücksichtigt nicht die völkerrechtliche Kategorie der einseitigen bindenden Erklärungen (vgl. IGH-Rechtsprechung, z. B. Nuclear Tests Cases [Australien v. Frankreich, 1974]), bei denen  ein Staatsvertreter in offizieller Funktion eine klare, absichtsvoll verbindliche Erklärung abgibt,  die Gegenpartei darauf vertraut und daraufhin handelt (hier: sowjetisches Einverständnis zum Abzug aus DDR und deutscher NATO-Mitgliedschaft),  und diese Erklärung nach Treu und Glauben bindet.   Gerade die hochrangigen, medial dokumentierten Äußerungen von Baker („not one inch eastward“) und Kohl gegenüber Gorbatschow in einem sensiblen Verhandlungskontext erfüllen diese Voraussetzungen mindestens für eine völkerrechtliche Vertrauensbindung (estoppel) oder eine einseitige Bindung gegenüber der UdSSR. 4. Separat bindende bilaterale Vertrauensgrundlagen Die Einschätzung übersieht zudem, dass die Zusagen auch bilaterale Wirkungen entfalten können:  USA – UdSSR und BRD – UdSSR führten eigenständige diplomatische Gespräche, und die Erklärungen wurden nicht als bloße Meinungsäußerung, sondern als Verhandlungsvoraussetzung für den Rückzug sowjetischer Truppen und das Ende des Warschauer Pakts verstanden.  Selbst wenn sie nicht als vertraglich bindende Zusagen gelten, stellen sie mindestens völkerrechtlich beachtliche Erwartungsgrundlagen dar, deren spätere Missachtung gegen Treu und Glauben (good faith) im Sinne des allgemeinen Völkergewohnheitsrechts verstößt. ��� � Fazit: Die Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes ist methodisch lückenhaft, da sie:  eine verengte Lesart von Art. 31 VCLT verwendet,  Art. 32 VCLT ignoriert,

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